Dieses Jahr fand die Gedenkveranstaltung der Münsteraner Schulen anlässlich des Holocaust-Gedenktags am 27.01. schon zum achten Mal statt – und dieses Mal wegen des Samstags schon ein paar Tage früher, am Donnerstag, den 25.01. auf dem Platz des Westfälischen Friedens. Neben Schüler:innen des Paulinum nahmen 15 andere Schulen aus Münster und Senden teil, zum ersten Mal auch ein Berufskolleg und die Mathilde-Anneke-Gesamtschule.
Das Holocaust-Gedenken fand in einem würdigen Rahmen statt. Eingeleitet wurde durch das Läuten der Peace-Bell des Pascalgymnasiums. Diese Friedensglocke ist aus eingeschmolzenen Waffen nach dem Zweiten Weltkrieg gegossen worden. In den Eröffnungsreden des Schülersprechers, von Oberbürgermeister Markus Lewe und dem Abteilungsleiter Schule der Bezirksregierung, Matthias Schmid, betonten die Redner die Wichtigkeit dieser Gedenkveranstaltung in Zeiten, in denen in Deutschland wieder von „Remigration“ geredet werde und Antisemitismus, aber auch Muslimfeindlichkeit und Demokratiefeindlich wieder zunehmen. Alle Redner verwiesen auf die große Demonstration für Demokratie und gegen rechts und Ausgrenzung am 19.01. und das starke Signal der 20.000 Demonstrierenden. Aber auch das Signal der jungen Menschen, die sich auf dem Platz des westfälischen Friedens versammelt haben, wurde als Mut machendes Zeichen gesehen. Nach den einleitenden Worten wurde der verschiedenen Opfergruppen gedacht, zunächst den Opfern der Euthanasie, die in diesem Jahr wegen der in Münster stattfindenden Landesspiele der Special Olympics im Zentrum standen, dann den Sinti und Roma, den Widerstandskämpfer:innen, den Zeugen Jehovas, den Homosexuellen und „Asozialen“ und den Jüdinnen und Juden als größte Opfergruppe. Je zwei Schüler:innen lasen einen kurzen Gedenktext eines Einzelschicksals vor und zündeten eine Kerze an. Die Schüler:innen des Paulinum, Marie Padberg und Alex Custillas, zum Beispiel gedachten dem Zeugen Jehova Karl Heinz Kusserow, der im Alter von 29 Jahren an den Folgen seiner Haft in den KZ Sachsenhausen und Dachau starb. Karl Heinz Kusserows Name steht heute stellvertretend für die ca. 1.200 Opfer unter den Zeugen Jehovas. Geschlossen wurde die Gedenkveranstaltung mit einem musikalischen Beitrag der Mathilde-Anneke-Gesamtschule
Die Kurse und Klassen der Schulen haben sich aber nicht nur zur Gedenkveranstaltung versammelt, sondern im oder auch außerhalb des Unterrichts wurde an zahlreichen Projekten gearbeitet. So sind ganz vielfältige Produkte entstanden. Am Paulinum haben sich die Klassen 9a und 9c im Geschichtsunterricht von Frau Langenscheid mit dem Buch „Anton oder die Zeit des unwerten Lebens“ auseinandergesetzt. In dem Roman geht einem Jungen aus Münster, der nach einem Unfall mit einer Straßenbahn leicht eingeschränkt ist, in den Jahren 1938 bis 1943. Der Junge wird versteckt, damit er nicht deportiert und getötet wird. Das Werk ist fiktiv, basiert aber auf einer wahren Begebenheit. Als Produkte sind daraus ein Tagebuch (9a) und eine Graphic Novel (9c) entstanden. Die 9c hat sich vorher intensiv mit dem nationalsozialistischen Euthanasieprogramm beschäftigt und Power-Point-Präsentationen zu verschiedenen Unterthemen erstellt, auch mit der Frage, was nach 1945 geschah hinsichtlich der Aufarbeitung des Euthanasieprogramms oder einem Einzelschicksal von Erna Kronshage. Die Idee stammt aus dem Heft „Unterricht Religion 5-10“. Beide Klassen nahmen auch an der Gedenkveranstaltung teil. Ein Teil der 9d hat im Geschichtsunterricht zu verschiedenen Themen zur Euthanasie gearbeitet, zwei Gruppen haben sich mit dem Wirken von Schwester Laudeberta auseinandergesetzt, die erst die Predigten von Kardinal von Galen ermöglichte, da sie ihn mit Informationen versorgte. Eine Gruppe hat Stolpersteine von Euthanasieopfern und Tatorte in Münster recherchiert. Daraus ist folgende Website entstanden: Euthanasie (phillip2303.github.io)
In einer außerunterrichtlichen AG erstellen gerade Schülerinnen und Schüler der Jgst. 9-Q1 unter der Leitung von Herrn Breitzmann und Herrn Schemann-Kösters einen Podcast zum Thema Euthanasie inklusive Experteninterviews.
So zeigt das Paulinum durch diese Arbeit, dass man immer weiter dafür arbeiten muss, damit es beim „Nie wieder“ bleibt.