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„Acht Jahre Haft unter dem Hakenkreuz“ - Lesung und Gespräch mit Nikolaus Münster

Erstellt von J. Lohaus  |     

Am Freitag, dem 04.02.2022 las Nikolaus Münster für die Geschichtsgrundkurse der Q2 aus seinem Buch „Acht Jahre Haft unter dem Hakenkreuz – Zwischen Widerstand und Lebenshunger“, einer Lebensgeschichte über seine Eltern Arnold und Lilly Münster.
Arnold Münster, dessen Vater Landgerichtspräsident in Münster war, machte 1930 am Gymnasium Paulinum Abitur. Im Jahr 1934 war Arnold Münster der leitende Kopf einer linksorientierten Widerstandsgruppe in Münster. Diese Gruppe verteilte am 1. August 1934 ein von Arnold Münster verfasstes Flugblatt mit der Schlagzeile „Weltkrieg droht“, am 19. August folgte ein weiteres, ebenfalls von Arnold Münster verfasstes Flugblatt. Im Dezember 1934 druckte die Gruppe eine eigene Zeitschrift unter dem Titel „Der rote Arbeiter“. Die Ergreifung eines Kuriers, der kommunistische Flugschriften aus Holland nach Münster schmuggelte, führte dann zur Aufdeckung der Widerstandsgruppe um Arnold Münster.

Am 1. Februar 1935 wurde Arnold Münster von der Gestapo aus seinem Elternhaus in der Heerdestraße 7 abgeholt. Es folgten Prozesse gegen 17 Beschuldigte. Arnold Münster wurde wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu einer Haftstrafe von 8 Jahren verurteilt.

In seiner Lesung und im anschließenden Gespräch veranschaulichte Nikolaus Münster über den Lebensweg seines Vaters nicht nur Aspekte der allgemeinen Geschichte, sondern zeigte auf zahlreiche Nachfragen der Schülerinnen und Schüler auch ein sehr differenziertes und privates Bild seines Vaters sowie seiner eigenen Beziehung zum Vater.

Arnold Münster gelang nach dem Krieg eine beeindruckende Karriere als Wissenschaftler. 1960 war er Gastprofessor an der Sorbonne, 1962 erhielt er eine Professor am Institut für Theoretische Physikalische Chemie in Frankfurt, ein Jahr später wurde er zum Direktor ernannt.
Über sein Leben in der NS-Zeit hat er jedoch nie mit seiner Familie gesprochen. So erfuhr Nikolaus Münster erst nach dem Tod seines Vaters durch Anfragen eines Forschers aus Münster etwas über das Schicksal seines Vaters.

Wir danken Herrn Münster für seinen informativen und eindrucksvollen Vortrag!

Herr Münster wird im Kontext der Ausstellung „Vergessenen begegnen - NS-Opfer aus dem Münsterland“, die im Juni 2022 im Foyer der Bezirksregierung präsentiert wird, erneut eine Lesung halten.

Aus der Inhaltsangabe des Buches:

Acht Jahre Haft unter dem Hakenkreuz
Zwischen Widerstand und Lebenshunger (Verlag Henrich Editionen, 2020)
Arnold Münster, der Vater des Autors, war der führende Kopf einer Widerstandsgruppe in Münster, wurde 1935 verhaftet und zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Weil die Nazis den hochqualifizierten Wissenschaftler in der Forschung benötigten, begnadigte Reichsführer SS Heinrich Himmler ihn. Im Krieg heiratet er in den rauchenden Trümmern Frankfurts Lilly Curtius. Sie trennt sich zuvor von ihrer großen Liebe, einem nationalsozialistischen Klinikdirektor in Heidelberg. Arnold Münster hat über seine Vergangenheit stets den Mantel des Schweigens ausgebreitet. Erst vor wenigen Jahren hat ein Forscher in Münster die Hintergründe und Zusammenhänge dargestellt. Dies war dann der Anlass, mit der Sichtung aller noch vorhandenen Familien-Dokumente die Geschichte des gegensätzlichen Paares aufzuarbeiten: Er der Widerstandskämpfer – sie die Wegseherin. So entstand für den Autor erstmals ein umfassendes Bild seines Vaters.

Der Autor:

Nikolaus Münster, Jahrgang 1951, lernte das journalistische Handwerk beim Wiesbadener Kurier, wechselte dann Anfang der Achtzigerjahre als Redakteur zur FAZ und leitete seit Anfang der Neunzigerjahre für 25 Jahre das Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main.

Rezension:

„Eine sehr fordernde, spannende, verstörende Lektüre.“ Eva Demski
„Man könnte meinen, hier geht es um Privates. Aber dem ist nicht so. ... Wie durch ein Brennglas wird sichtbar, wie der Nationalsozialismus individuelle Schicksale bestimmt hat, aber etwa auch wie alte Seilschaften im Nachkriegsdeutschland weiter hielten. ... Er hat es bestimmt nicht darauf abgesehen, aber er schrieb zudem eine kurze Geschichte des deutschen Bürgertums, für das die Familien Münster und Curtius nachgerade exemplarisch stehen. ... Das liest sich ungemein spannend. Und geht alle an, die etwas über die Tiefenschichten des anhaltenden deutschen Unbehagens erfahren möchten.“ Michael Hierholzer, FAZ vom 1.3.2021

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